Dank für den Dienst
Abschied von Johannes und Renate Weigel
ein Bericht von Christian Flöter

Sonntagnachmittag in Kleinwelka bei Bautzen. In den Straßen rund um den Zinzendorfplatz im Zentrum der Siedlung zeigen es die parkenden Autos an: Heute ist wahrlich kein Alltag.
Etliche Mitglieder der Gemeinde und Gäste aus dem Ort und der Region füllen den Kirchensaal zum Abschied des Gemeinhelfers Johannes Weigel und seiner Ehefrau Renate. Beim Betreten des vollen Saals suchen die Augen nach einer letzten Lücke in den Bankreihen. Gesangbücher jedenfalls sind keine mehr da. Der Saaldiener kann die späten Besucher nur noch dazu animieren, näher zusammenzurücken, um beim Nachbarn mit in die Noten schauen zu können.

Zusammenrücken ist ein gutes Stichwort für eine Kirchgemeinde. Hier treffen sich Menschen aller Altersstufen aus unterschiedlichen sozialen Verhältnissen, mit verschiedenen ethischen Grundsätzen, mitunter entgegengesetzten politischen Sichtweisen und ganz gewiss auch je eigenen Glaubensvorstellungen. Aus vielen Einzelnen zusammengesetzt wird eine Gemeinde im besten Fall ihrem Namen gerecht und tatsächlich zu einer echten Gemeinschaft.
Als der Bläserchor die Predigtversammlung am 23. März eröffnet, wird unmittelbar deutlich, welch harmonischer Wohlklang möglich ist, wo vierzehn Personen einander zuhören, bescheiden und doch kraftvoll die eigene Stimme ins Spiel bringen, ohne dabei andere übertönen zu wollen. Die musikalische Ausgestaltung des Gottesdienstes durch den Kleinwelkaer Bläserchor zählt zweifellos zu den besonderen Glanzlichtern des Tages.

Wenn Menschen aus unterschiedlichsten Richtungen zusammenkommen, miteinander glauben und etwas gestalten wollen, braucht es einen gemeinsamen Nenner, einen Ankerpunkt. Und so stellt Johannes Weigel das Vertrauen auf Jesus Christus in die Mitte seiner vorerst letzten Predigt in Kleinwelka. Aus den Weisungen und Verheißungen Jesu, aus seinem Leben und letztlich auch seinem Sterben wachse ewiges Leben. Man spürt Bruder Weigel ab, wie elementar ihm die Beziehung zu Jesus ist und wie wichtig es ihm ist, die frohe Botschaft des Evangeliums zu verkünden.
Auch im neuen Lebensabschnitt müsse er damit nicht aufhören, wie ihm im Liebesmahl nach dem Gottesdienst mehrfach versichert wird. In einem Grußwort heißt es, als Pfarrer im Ruhestand habe er nun vielmehr das Privileg, einfach nur predigen zu dürfen, ohne sich um die mitunter mühsame Organisation des Gemeindelebens kümmern zu müssen.
Wieviel mehr Aufgaben als nur zu predigen Geschwister Weigel in den vergangenen vierzehn Jahren als Gemeinhelferpaar in Kleinwelka zu erledigen hatten, zählt Erdmute Frank von der Direktion in Herrnhut alphabetisch auf. Die lange Liste führt von A wie Andachten im Altenpflegeheim über G wie Gottesackereinsatz bis immerhin V wie „viele weitere ungenannte Tätigkeiten“. In ihren persönlichen Worten würdigt Schwester Frank ausdrücklich die Mitwirkung von Renate Weigel als mitberufener Ehefrau.
Die Dankbarkeit wird während des Liebesmahls nicht nur in den Redebeiträgen, sondern auch in vielen Geschenken deutlich. Der Ältestenrat der Gemeinde erfreute Geschwister Weigel sichtbar mit einem selbst geschmiedeten Fisch. Auch die Delegierten der Partnergemeinde Nordrhein-Westfalen ließen sich nicht lumpen und fuhren sogar ein überdimensioniertes Lebkuchenherz quer durch die Republik.
Am späten Nachmittag ist das Abschiedsfest beendet, die Kissen und Gesangbücher liegen wieder an ihren Plätzen neben den beiden Saaltüren. Bloß in der Gemeindeküche brennt noch Licht. Etliche fleißige Hände kümmern sich dort um das Liebesmahlgeschirr und machen damit sichtbar, wie Gemeinschaft und Zusammenrücken praktisch funktioniert.
Christian Flöter ist Referent für Öffentlichkeitsarbeit der Evangelischen Brüder-Unität.
Er lebt mit seiner Familie in Herrnhut, 37 Fahrradkilometer von Kleinwelka entfernt.
Artikel veröffentlicht am 28. März 2025