Unternehmergeist und Wirtschaftsethik
Es überrascht vielleicht erst einmal, dass zu einer kleinen Kirche so viele Wirtschaftsbetriebe gehören. Dies geht vor allem auf die geschichtliche Entwicklung zurück. Bei der Gründung Herrnhuts 1722 ging es zuerst darum, Flüchtlingen aus Mähren eine neue Heimat zu geben, wo sie ihren evangelischen Glauben leben konnten. Die entstehende Gemeinschaft musste sich jedoch selbst wirtschaftlich erhalten. So gab es 1740 bereits eine Weberei, eine Seifensiederei, Tischler-, Goldschmiede- und Uhrmacherwerkstätten.
Für die wirtschaftliche Arbeit legte man damals sehr klare Grundsätze fest. In einem Schriftstück von 1765 liest man:
„Die Grundlage unseres ganzen Commercii ist die aufrichtige, ehrliche und – soviel möglich – auf beiden Seiten vorteilhafte Bedienung unseres Nächsten.“
Und in einer Liturgie der Brüdergemeine heißt es:
„Lass Handel und Gewerbe unter uns dir geheiligt sein; lass es redlich unter uns zugehen in allen Dingen. Lass uns an der Arbeitsstätte einander achten und nach deinem Willen leben.“
Durch die Jahrhunderte hindurch hat sich das Wirtschaftsgefüge immer wieder verändert. Heute haben die meisten Betriebe die Rechtsform einer GmbH, an der die Brüder-Unität allein oder mehrheitlich beteiligt ist. Die Unternehmen unterstützen in unterschiedlicher Form den Haushalt unserer Kirche und sichern Arbeitsplätze in einer strukturschwachen Region.
Die Betriebe

Die Comenius-Buchhandlung besteht aus zwei Geschäften: dem Stammgeschäft in Herrnhut (seit 1898) und der Filiale in Görlitz (seit 1923). Seit 2022 sind sie Teil der Herrnhuter Sterne GmbH.

Die Abraham Dürninger & Co. GmbH in Herrnhut gilt als eines der ältesten noch existierenden sächsischen Industrieunternehmen. Seit 1747 bietet die Firma Produkte und Dienstleistungen in der Textilverarbeitung, insbesondere im Textildruck an. Heute gehört Dürninger zu den führenden Unternehmen im Textildruck für Werbetextilien im deutschsprachigen Raum.

Der aus der Brüdergemeine stammende Brauch, Sterne als Symbole und Schmuck in der Advents- und Weihnachtszeit aufzuhängen, kam Mitte des 19. Jahrhunderts auf. Heute wird er unter anderem von der Herrnhuter Sterne Manufaktur durch ein großes Sortiment an Papier- und Kunststoffsternen weiter gepflegt und verbreitet.

Die Herrnhuter Holzmanufaktur GmbH entstand 1950 als Tischlerei der Evangelischen Brüder-Unität. War sie zunächst fast ausschließlich mit der Herstellung sakraler Möbel befasst, so hat sich heute die Produktpalette wesentlich erweitert.

Seit 1874 wird unser kircheneigener Wald (etwa 700 Hektar) rings um Herrnhut und zum Teil in Niesky planmäßig und nachhaltig bewirtschaftet.
Aus der Kirchenordnung der Brüder-Unität
§ 1480
(1) Die Brüder-Unität betrachtet das für ihre Zwecke bestimmte und in ihrem Besitz befindliche Vermögen als ein ihr von Gott anvertrautes Gut, für dessen Verwendung sie vor Gott und den Menschen Rechenschaft ablegen muss.
(2) Daher sind Mehrung des Vermögens und seiner Erträge nicht Selbstzweck. Die Brüder-Unität soll diese Mittel verwenden, um ihre Werke, Einrichtungen und Arbeitszweige zu unterhalten und zu fördern und damit ihren Auftrag in dieser Welt als selbstständige Kirche zu erfüllen.
§ 1483
(1) Die der Brüder-Unität gehörenden oder in verschiedener Weise mit ihr verbundenen Betriebe dienen der Beschaffung von Arbeitsplätzen, der finanziellen Unterstützung der Brüder-Unität bei der Erfüllung ihrer Aufgaben und der dienstleistenden Tätigkeit für andere Kirchen.
(2) Die Brüder-Unität sieht in diesen Betrieben eine Möglichkeit, auch im wirtschaftlichen Leben Grundsätze christlicher Sozialethik zur Geltung zu bringen und zu bewahren.
(3) Die Arbeit soll durch Wahrhaftigkeit, Treue und soziale Gesinnung bestimmt sein.
