Hilfe und Prävention
bei sexualisierter Gewalt
Sexualisierte Gewalt soll nach Gottes Willen nicht sein. Dennoch gibt es Fälle von sexualisierter Gewalt auch in der Herrnhuter Brüdergemeine. Das tut uns sehr leid. Auf dem Weg zu einer sichereren Kirche für alle in der Brüder-Unität Mitarbeitenden, für Mitglieder und Gäste geht es vor allem um die von sexualisierter Gewalt Betroffenen. Für sie und Dritte, die Vorfälle melden oder sich beraten lassen wollen, sind die verschiedenen Anlaufstellen und Kontaktpersonen da.
Die Ordnung der Kommission für die individuelle Aufarbeitung beschreibt, wie eine konkrete Meldung bearbeitet werden kann. Der Verhaltenskodex ist für alle Mitarbeitenden in der Brüder-Unität bindend. Ein Schutzkonzept ist am 1. Juli 2025 in Kraft getreten.
Aufarbeitung sexualisierter Gewalt in der Evangelischen Brüder-Unität
Anlässlich der ForuM-Studie zu sexualisierter Gewalt in den Gliedkirchen der EKD erreichen die Direktion von verschiedenen Seiten Fragen danach, wie in der Herrnhuter Brüdergemeine, die nicht Teil der ForuM-Studie war, die Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt angegangen wird.
Grundsätzlich ist zu sagen: Alle ehrenamtlich oder hauptamtlich Mitarbeitende, Mitglieder, Freund*innen oder Besucher*innen sollen sich in der Brüder-Unität vor sexualisierter Gewalt in Form von Grenzverletzungen, missbräuchlichem Verhalten oder gar strafrechtlich relevanter Gewalt sicher fühlen können. Es tut uns leid, dass es auch in unserer Kirche sexualisierte Gewalt gab und gibt. Wir haben uns in Bezug auf Aufarbeitung und Prävention auf den Weg gemacht. Die folgenden Absätze beschreiben die Schritte, die unternommen wurden, eine sicherere Kirche zu werden.
- Seit vielen Jahren hatten wir, angestoßen durch die Aufdeckung von sexuellem Missbrauch in Internatsschulen, eine Anwaltskanzlei als unabhängige Meldestelle für Betroffene. Auch ehemalige Schüler aus einem der Internate der Brüder-Unität haben sich dort als Betroffene von sexualisierter Gewalt gemeldet. Daraufhin wurden Archivbestände gesichtet, es wurde die Bitte um Entschuldigung ausgesprochen und die Brüder-Unität zahlte Anerkennungsleistungen für erlittenes Leid. Seit 2024 ist help, die unabhängige Anlaufstelle der EKD, auch für Betroffene aus der Brüder-Unität ansprechbar.
- Der zweite Schritt war 2020 die Einrichtung einer Kommission für die individuelle Aufarbeitung von Fällen sexuellen Missbrauchs. Betroffene oder Dritte können auch dieser Kommission Verdachtsfälle auf sexualisierte Gewalt melden. Daraufhin hört die Kommission Betroffene und Beschuldigte an und gibt der Direktion Handlungsempfehlungen. Die Kommission ist schon in mehreren Fällen tätig geworden.
- Der dritte Schritt war 2021 die Einführung eines allgemeinen Verhaltenskodex nach dem Vorbild des schon seit 2015 bestehenden Verhaltenskodex der EBU-Jugend, der für Mitarbeitende in der Brüder-Unität verbindlich ist.
- Ebenfalls 2021 fand als mehrtägige Konferenz eine Schulung für alle im Verkündigungsdienst Tätigen der Brüder-Unität statt zu Umgang mit und Prävention sexualisierter Gewalt. Regelmäßige Schulungen sind Teil des im Entstehen begriffenen Schutzkonzeptes.
- Nach dem Vorbild anderer Kirchen haben wir zwei Pfarrerinnen, Schw. Jill Vogt und Schw. Katharina Rühe, als Vertrauenspersonen benannt, um Betroffenen den Zugang zu seelsorgerlicher und in der Sache kompetenter Begleitung zu ermöglichen.
- Ein Kernteam hat ein Schutzkonzept für die Brüder-Unität erarbeitet, zu dem zentral die Analyse von Risikofaktoren für sexualisierte Gewalt in der Brüdergemeine und ihrer Umgangskultur gehört und Präventiv-Regeln, die sich daraus ableiten.
- Sämtliche Personalakten der EBU nach Notizen zu sexualisierter Gewalt zu durchforsten, ist eine Ressourcenfrage. Wir halten es im Moment für sinnvoller, Betroffene zu ermutigen, sich an eine der angegebenen Meldestellen bzw. - personen zu wenden. Bei Hinweisen auf mögliche Grenzverletzungen einer oder eines Mitarbeitenden konsultieren wir selbstverständlich die entsprechenden Akten.
- Wir sind dabei, die Sichtbarkeit des Themas auf unserem Internetauftritt zu erhöhen.
Benigna Carstens
Herrnhut, 27.2.2024; aktualisiert am 28.07.2025
Verhaltenskodex
Verhaltenskodex
für die Mitarbeiter in der Evangelischen Brüder-Unität
Die Mitarbeit in der Evangelischen Brüder-Unität geht aus von einer Gemeinschaft, in der jede und jeder Einzelne wertgeschätzt wird. Unsere Kirche lebt von vertrauensvollen Beziehungen zu Gott und untereinander. Beziehung und Vertrauen dürfen nicht zum Schaden Anderer ausgenutzt werden, sondern sollen sie stärken. Deshalb gelten für alle, die in irgendeinem Bereich innerhalb der Brüder-Unität mitarbeiten, folgende Grundsätze:
- Wir gehen achtsam mit Anderen um und schützen sie vor Schaden, Gefahren, Missbrauch und Gewalt.
- Wir verpflichten uns, alles zu tun, dass in unserer Arbeit Missbrauch, sexualisierte Gewalt und andere Formen von Gewalt verhindert werden.
- Wir nehmen die individuellen Grenzempfindungen Anderer wahr und respektieren sie.
- Wir greifen ein bei Anzeichen von sexistischem, diskriminierendem, rassistischem und gewalttätigem Verhalten in verbaler und nonverbaler Form.
- Wir achten darauf, dass ein wertschätzender und respektvoller Umgang untereinander gepflegt wird. Wir dulden kein abwertendes Verhalten.
- Wir respektieren die Intimsphäre und die persönlichen Grenzen der Scham von Gemeindegliedern, Gästen und Mitarbeitenden.
- Wir machen uns die sexuelle Dimension von Beziehungen bewusst, um einen verantwortungsvollen Umgang mit Nähe und Distanz zu gestalten.
- Wir missbrauchen unsere Rolle nicht für sexuelle Kontakte.
- Wir achten auf Grenzüberschreitungen durch Mitarbeitende, Gemeindeglieder und Gästen in den Gruppen, in der Seelsorge und anderen Aktivitäten. Wir vertuschen sie nicht und reagieren angemessen darauf.
- Wir suchen kompetente Hilfe, wenn wir gewaltsame Übergriffe, Missbrauch bzw. sexualisierte Gewalt vermuten.
Beschlossen am 6. Mai 2021
Die Mitarbeiter/innen der Evangelischen Brüder-Unität verpflichten sich nach bestem Wissen und Gewissen zur Einhaltung des obenstehenden Verhaltenskodex.