Rund 30 Geschwister, darunter zehn aus den Niederlanden, trafen sich am Wochenende zur diesjährigen Tagung des konziliaren Prozesses Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung in Neudietendorf. Als Gastreferent trat dabei der Meißner Bürgerrechtler und Theologe Frank Richter auf mit einem Vortrag „Denn Sie wissen (nicht), was sie tun! Über Neonazis, Verführte und den Umgang mit ihnen“. Er hatte bis August 2024 dem Sächsischen Landtag angehört.
In seinem Vortrag in Neudietendorf war Richter auf Grundlagen von Rechtsextremismus im Osten eingegangen. Der 8. Mai 1945, so Richter, werde historisch auch als Stunde null bezeichnet, weil damals der Faschismus offiziell besiegt wurde. Das allerdings sei nicht ganz richtig, weil das Gedankengut weiter vorhanden war. Braune Subkultur habe sich auch im Osten Deutschlands unterschwellig weiterentwickelt. Nach der Wende sei man dort wieder in eine Verliererrolle geraten durch Aktionen der Treuhand oder Migration besonders aus muslimischen Kulturkreisen. Das erkläre bestimmte Entwicklungslinien auch sozialpsychologisch im Osten. Als exemplarisches Medienereignis nennt er die Kyffhäuser-Rede des Thüringer AfD-Chefs Björn Höcke aus dem Jahr 2018, in der dieser ankündigt, soziale Fragen nunmehr national zu beantworten. Außerdem äußerte Richter im Zusammenhang mit der Einschätzung von Rechtsradikalismus in Deutschland Kritik an der Darstellung der Pisa-Bildungsstudien als Qualitätsmerkmal für das deutsche Bildungssystem. Pisa generiere keine Humanität und sei ungeeignet gesellschaftliche Kompetenzen in Richtung Empathie und Dialogfähigkeit zu entwickeln.
Begonnen hatte die Tagung am Abend des 3. Oktober mit einer Andacht gehalten von der Ebersdorfer Gemeinhelferin Kerstin Hartmann. Sie lebt nach ihrem Umzug von Berlin nach Ebersdorf und berichtete von einer völlig neuen, von AfD- Gedankengut beeinflussten Umgebung. Ausgedrückt habe sich dieses Denken in der Zerstörung einer Sitzbank in ihrem Ort, auf der ein Spruch „kein Platz für Rassismus“ angebracht war. Mit der Lesung der Bergpredigt nach Lukas ging die Andacht am Tag der deutschen Einheit in Neudietendorf zu Ende.
Mit Fragen des Rechtsradikalismus in Holland beschäftigte sich der konziliare Prozess am zweiten Tag. Willem Wagenaar von der Anne-Frank-Stiftung in Amsterdam erklärte dabei in einem Film zwei Unterschiede beim Rassismus: Bedrohung von Bevölkerungsgruppen und Bedrohung der parlamentarischen Demokratie, die nicht gewalttätig sein muss. Er informierte auch darüber, dass die holländische Partei für die Freiheit (PVV) aktuell über eine Art Notstandsgesetzgebung genau letzteres versuche. Renée Wezel von der Gemeinde Zeist sagte, dass es in Holland institutionellen Rassismus in Polizei, Schulen und auch medizinischen Einrichtungen gebe und stellt die Frage nach Parallelen dazu in Deutschland.
Vorgestellt wurden in Neudietendorf weiter konkrete Projekte zur praktischen Untersetzung des konziliaren Prozesses wie „Omas gegen rechts“, Plakate zur Nachhaltigkeit, Buntes Forum Burgstädt, Deutsch-Ausländischer Freundeskreis und das Niederländische Projekt.
Die nächste Tagung des konziliaren Prozesses in der Brüdergemeine soll zum Thema „wie geht Versöhnung in einer polarisierten Gesellschaft" stattfinden Der Ort wird noch festgelegt.