
Jan Hus Predigtpreis 2015
Im Jahr 2015 ist es 600 Jahre her, dass Jan Hus auf dem Konzil in Konstanz als Ketzer verbrannt wurde. Nicht zuletzt waren es seine Predigten in der Bethlehemskapelle in Prag, die ihm die Feindschaft der Mächtigen eingebracht hatten. Eine der Wurzeln der Evangelischen Brüder-Unität - Herrnhuter Brüdergemeine liegt in der durch Jan Hus ausgelösten tschechischen Reformation. Grund genug, im Gedenkjahr an seine Hinrichtung zu tun, was ihm wichtig war:
Suche die Wahrheit,
höre die Wahrheit,
lerne die Wahrheit,
liebe die Wahrheit,
rede die Wahrheit,
halte die Wahrheit,
verteidige die Wahrheit bis in den Tod, denn die Wahrheit befreit dich von der Sünde, vom Teufel, vom Tod der Seele und schließlich vom ewigen Tod, der ewigen Trennung von Gottes Gnade.
Jan Hus 1412
Deshalb hat die Evangelische Brüder-Unität den Jan Hus Predigtpreis 2015 vergeben für Predigten, die
- ihre Kraft aus der Bibel schöpfen,
- eine verständliche Sprache gebrauchen,
- Kirchen und Gesellschaft nicht schonen.
Die kritische Kraft der Bibel verständlich in unsere Zeit hinein gesprochen
Von der Preisverleihung des Jan Hus Predigtpreises
Am 1. November fand im Kirchensaal in Herrnhut die Verleihung des Jan Hus Predigtpreises 2015 statt. Die Festpredigt zu den Seligpreisungen (Matthäus 5,2-10) hielt Juror Dr. Christian Staffa (Evangelische Akademie zu Berlin). Er machte auf die kritische Kraft der »Glücklich seid ihr«-Worte Jesu aufmerksam und scheute dabei aktuelle politische Parteinahme nicht.
Anschließend stellte zunächst Dr. Ciska Stark von der Protestantse Theologische Universiteit Amsterdam in ihrer Laudatio den prophetischen Charakter der Preispredigt über Johannes 4 von Pfr. Herman Koetsveld (Hengelo, Niederlande) heraus: Die ungeschönte Schilderung unserer Lage – tiefe Gräben und blutige Gewalt zwischen Religionen und Völkern, verbunden mit der Proklamation von Gottes Willen, diese Gräben in »Geist und Wahrheit« zu überwinden. H. Koetsveld, Pfarrer der Protestantischen Kirche der Niederlande, ist gemeinsam mit einem muslimischen Freund engagiert in einem weitgefächerten interreligiösen Dialog.
»Grenzen überwinden« zeigte sich als aktuelles innerkirchliches wie politisches Topthema, denn auch die Predigt von Philipp Greifenstein, dem Gewinner des zweiten und Jugendpreises handelt davon, wie Jurymitglied Dr. Bernhard Goodwin vom Institut für Kommunikationswissenschaft und Medienforschung an der Ludwig-Maximilians-Universität München in seiner Laudatio ausführte. Was wie eine Individualbekehrung aussieht, nämlich die des Jüngers Hananias in Apostelgeschichte 9, ist von erstaunlicher gesellschaftlicher Brisanz. Ph. Greifenstein studiert Theologie an der Martin-Luther-Universität in Halle (Saale).
Auch in der dritten Preispredigt von Pfr. Jiří Gruber aus Brno (Tschechien) zu Markus 15,42-46 begegnet uns mit Josef von Arimathia ein eher unbeachteter Jünger Jesu und vorsichtiger Typ, der doch zum Verteidiger der Würde des aus politischen Gründen hingerichteten Jesus und seiner Sache wird. Der Autor, der in der kommunistischen Tschechoslowakei selbst zeitweilig keine staatliche Predigterlaubnis hatte, ermutigt seine Hörer, wach den Moment zu erwarten, an dem die eigene mutige Tat gefordert ist. Als Beispiel hierfür führt er die Tendenz zur Untergrabung der Menschenwürde in unserer Gesellschaft an, in der Scheiternde, unheilbar Kranke und Tote keinen Platz mehr haben.
Nach den Kriterien des Jan Hus Predigtpreises 2015 wird es auch im Jahre 2016 noch nötig sein zu predigen: Kirchen und Gesellschaft brauchen Prediger, die verständlich die kritische Kraft der Bibel in unsere Zeit hineinsprechen.
Alle drei ausgezeichneten Predigten zusammen finden Sie hier.

Wir sind beeindruckt
von dem großen Echo und danken 130 Teilnehmerinnen und Teilnehmern, darunter je 20 aus Tschechien und aus den Niederlanden. Wir freuen uns über die Qualität und Vielfalt der eingesandten Predigten und über die ökumenische Breite der Einsendungen.
Wir danken der Jury
- Rüdiger Achenbach / Deutschlandfunk - Redakteur Religion und Gesellschaft
- Prof. Dr. Pavel Filipi / Evangelisch-Theologische Fakultät der Karls-Universität Prag
- Dr. Bernhard Goodwin / Institut für Kommunikation und Medienforschung München
- Reinhard Mawick / Chefredakteur Zeitzeichen
- Dr. Christian Staffa / Evangelische Akademie Berlin
- Dr. Ciska Stark / Protestantse Theologische Universiteit Amsterdam
- Frieder Vollprecht / Evangelische Brüder-Unität, Basel
- Rosemarie Wenner / Bischöfin der Evangelisch-methodistischen Kirche, Frankfurt a. M.
v.l.n.r.: Herman Koetsveld, Pfarrer der Protestantse Kerk in Hengelo/NL, 1. Preis; Jiří Gruber, Pfarrer der Ev. Kirche der Böhmischen Brüder in Brno/CZ, 3. Preis, Philipp Greifenstein, stud. theol. an der Martin Luther-Universität Halle, 2. Preis, zugleich Jugendpreis;
Mitglieder der Jury: Dr. Ciska Stark, Protestantse Theologische Universiteit Amsterdam, Dr. Bernhard Goodwin, Ludwig-Maximilians-Universität München, Frieder Vollprecht, Herrnhuter Brüdergemeine in der Schweiz, Basel, Dr. Christian Staffa, Ev. Akademie zu Berlin