Ein Wort der Kirchenleitung

der Europäisch-Festländischen Brüder-Unität (Herrnhuter Brüdergemeine)


In der Europäisch-Festländischen Brüder-Unität mit Gemeinden in Deutschland, den Niederlanden und weiteren europäischen Ländern denken wir in diesem Jahr an das Ende der Sklaverei in Surinam vor 150 Jahren.

Unsere Kirche ist mit diesem Land, das von 1667 bis 1975 eine niederländische Kolonie war, und mit seiner Geschichte eng verbunden:

  • Seit 1735 brachen viele Männer und Frauen aus unseren Gemeinden nach Surinam auf, um dort vor allem den zu Sklaven gemachten Afrikanern die Botschaft von der Liebe Gottes in Jesus Christus zu verkündigen. Aus dieser Missionsarbeit entstand eine protestantische Volkskirche, die 1963 als Evangelische Broedergemeente in Suriname unabhängig wurde.
  • Die Mehrheit der Mitglieder der Europäisch-Festländischen Brüder-Unität hat heute ihre Wurzeln in Surinam und der dortigen Herrnhuter Brüdergemeine.

Wir sehen uns deshalb 150 Jahre nach dem Ende der Sklaverei in Surinam verpflichtet, uns mit der Geschichte der Sklaverei und der Rolle, welche die Mission in diesem Land dabei spielte, auseinanderzusetzen um dazu Stellung zu nehmen. Wir tun dies im Bewusstsein, dass wir in unserer Kirche füreinander verantwortlich und einander Rechenschaft schuldig sind.

Als Kirchenleitung der Europäisch-Festländischen Brüder-Unität tragen wir Verantwortung für unsere Kirche in ihrer heutigen Gestalt und stehen gleichzeitig in der Nachfolge der Leitungsorgane vergangener Jahrhunderte.

Darum erklären wir:

1. Der Missionsarbeit der Herrnhuter Brüdergemeine kommt das Verdienst zu, den zu Sklaven gemachten Männern und Frauen das Evangelium von Jesus Christus verkündigt und ihnen gleichzeitig Bildung und eine Verbesserung ihres Gesundheitswesens gebracht zu haben. Die Missionare achteten damit die Sklaven und Sklavinnen als Menschen mit der auch für sie geltenden eigenen Würde. Dabei fühlten sie sich vor allem den einzelnen Menschen verpflichtet.

2. Die Missionsarbeit hat jedoch nicht dazu beigetragen, das menschenverachtende System der Sklaverei zu ändern oder es aufzuheben. Die Brüdergemeine hat in Surinam selbst Sklaven besessen. Sie war weder bereit noch im Stande, die Sklaverei grundsätzlich in Frage zu stellen. Auch nachdem dieses System in den Nachbarkolonien nach 1830 aufgehoben wurde und das Ende der Sklaverei auch für Surinam nahte, blieben leitende Personen der Brüdergemeine bei dieser Haltung.

3. Die Geschichte der Sklaverei in Surinam prägt bis heute unsere gegenseitige Wahrnehmung und unser Selbstbild: In der Art wie wir miteinander umgehen sind Bilder von Höherwertigkeit und Minderwertigkeit noch lange nicht aus unserem Bewusstsein verschwunden. Das ist auch innerhalb der Brüder-Unität der Fall: Es wurde selbstverständlich davon ausgegangen, dass europäische Tradition, Kultur und Theologie Maßstab für kirchliches Leben sei. Es fehlte bisher meist die Einsicht und die Bereitschaft, die belastende Vergangenheit gemeinsam mit den Betroffenen aufzuarbeiten und Versagen, Schuld und Leid zu benennen und anzuerkennen.